SZ: Schon wieder ein Buch über Afghanistan? Jein!

Buchbesprechung SZ, Claus Liesegang
Buchbespr. SZ - Kultur

04.12.08 | Kulturredaktion Schwäbische Zeitung
Claus Liesegang


ISNY (cl) - Schon wieder ein Buch über Afghanistan? Jein! „randnotizen – Hundert Mann und ein Befehl“ ist eigentlich die (ausgezeichnete) Diplomarbeit der Isnyer Grafikdesignerin Simone Uetz-Fugel. Aus einer hölzernen, ehemaligen Munitionskiste grub sie dafür Texte, Bilder und Notizen des Berufssoldaten Uwe D. aus. Der ehemalige Personenschützer in Diensten der Feldjäger der Bundeswehr hatte sie in seinen Auslandseinsätzen in Afghanistan gesammelt. Uetz-Fugel hat diese sehr persönlichen, unverkünstelten und nie in kommerzieller Absicht verfassten Dokumente – Randnotizen eben – „nur“ verpackt – zu einer höchst außergewöhnlichen Tagebuch-Dokumentation.

„randnotizen“ ist kein politisches Buch, will auch gar keines sein und schon gar nicht zum Politikum werden. Es ist ein Buch, das die Zerrissenheit eines Soldaten zeigt; zerrissen zwischen Beruf und Familie, zwischen Heimat und Einsatzort, zwischen der Begeisterung für die gefährliche Aufgabe und der Sorge um das Wohl der Lieben daheim. Text und Optik spiegeln diese Zerrissenheit. „randnotizen“ braucht keinen „Top-Secret“-Stempel wie Achim Wohlgetans Besserwisser-Erzählung „Endstation Kabul“, es verlangt nur nach etwas Zeit. Die medial überstrapazierten vermeintlichen Gretchenfragen „Befindet sich Deutschland im Krieg?“ und „Wie stirbt sich‘s in Afghanistan?“ beantwortet das Buch nicht.

„randnotizen“ ist ein besonderes Buch. Kritiker loben seine Dichte, Soldaten, die es schon gelesen haben, behaupten, wer im Einsatz war, finde sich darin wieder. Frauen, geben in Internet-Foren an, ihre uniformierten Väter, Söhne, Freunde, Ehemänner nach der Lektüre ein bisschen besser zu verstehen.

Und was sagen Politik und Bundeswehr selbst, die sonst bei unautorisierten Insiderberichten von Soldaten gerne mal den Verteidigungsausschuss bemühen und Disziplinarmaßnahmen prüfen? Nichts, sie sagen nichts. Wenigstens nicht offiziell. Inoffiziell und telefonisch haben sie schon gratuliert. Insofern ist „randnotizen“ beinahe doch ein Politikum.

 

Zurück